Streiken gehört, glaube ich zu meiner Persönlichkeit. In der 9. Klasse habe ich gegen den Golfkrieg gestreikt. Unangekündigt haben wir damals vom Schulhof aus während der Unterrichtszeit gestreikt. Leider hat das den Golfkrieg nicht beendet, es hatte aber eine Gardinenpredigt des Schulrektors zur Folge. Des Weiteren habe ich zwar nicht gegen den Paragraph 218 auf der Straße gestreikt, aber wir waren damals mit unserer Lehrerin zu einer Diskussion im Radio zu diesem Thema eingeladen.
Heute mit 42 Jahren kann ich das Leben in seiner Vielschichtigkeit besser verstehen, daher kann ich auch nachvollziehen, dass sich jemand gegen ein Kind entscheidet. Mich würde interessieren, ob sich mehr Mütter für ihr Kind entscheiden würden, wenn es eine staatliche Absicherung geben würde in Form eines Fürsorgegehalt mit allen Sozialleistungen wie in meiner Onlinepetition auf WeAct gefordert wird.
Eines ist klar, die Entscheidung für ein Kind, ist eine lebenslange Entscheidung und ich habe sie beim 2. Kind getroffen, wohl wissend, dass ich die Verantwortung alleine tragen werde. Diese Entscheidung für ein Kind kann nicht rückgängig gemacht werden wie eine Ehe, die geschieden werden kann. Die Kinder bleiben uns nach Trennung oder Scheidung und müssen sehr gut versorgt werden.
Im Zeitalter von unbefristeten Arbeitsverträgen, geänderten Unterhaltsrecht und eingetragenen Lebenspartnerschaften braucht es eine staatliche Absicherung für die geleistete Erziehungsarbeit und zwar unabhängig von der Ehe, denn Familie ist, wo Kinder sind.
Ich habe mich daher sehr gefreut, dass die Petition vor 2 Wochen von der Zeitschrift Brigitte mir ihrer Aktion für Frauenrechte #Pinkfirst auf Facebook geteilt wurde.
Das Fürsorgegehalt mit allen Sozialleistungen ist nicht nur ein Frauenthema, da auch Männer eines erhalten sollen, wenn sie sich um die Kinder kümmern. Jedoch sind es überwiegend die Mütter (mehr als 2/3 aller Mütter arbeiten Teilzeit), die sich um die Kinder kümmern und somit würden überwiegend Frauen von eine Fürsorgegehalt profitieren.
Mein Zusammenbruch im Juni 2015, über den ich hier im Blog berichtet habe, wäre vielleicht nicht so extrem ausgefallen, wenn ich gewusst hätte, dass ich nach dem Elterngeldbezug wieder zu meiner Arbeitsstelle zurückkann oder wenn es bereits ein Fürsorgegehalt mit allen Sozialleistungen gegeben hätte. Da mein Arbeitsvertrag befristet war und während dem Mutterschutz ausgelaufen ist, war eine Rückkehr und damit ein großes Stück “ Sicherheit“ in meinem Leben, nicht möglich. Ich hatte meinem damaligen Arbeitgeber angeboten, nach der Geburt Ende September, Anfang Dezember wieder arbeiten zu kommen, aber auch dies war nicht gewünscht. Mein Arbeitsvertrag war bereits bis zur gesetzlich maximal möglichen Befristung von 2 Jahren verlängert worden, ich hätte somit einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen müssen und das wollte mein damaliger Arbeitgeber anscheinend nicht.
Care-Arbeit ist Arbeit, die endlich gesellschaftlich anerkannt werden muss. Denn sie findet in so vielen Bereichen statt, daher habe ich die Petition auch nicht nur für alleinerziehende Mütter und Väter gestartet, sondern für ALLE die Care-Arbeit leisten.
Ich habe während meiner Zeit in der Erwachsenenbildung und während meiner Tätigkeit in einer Rehaklinik nicht nur alleinerziehende Mütter und Väter kennengelernt, sondern auch pflegende Angehörige, die sich fürsorglich und vorbildlich um kranke Ehemänner, kranke Ehefrauen, kranke Lebenspartner/innen, kranke, behinderte oder adoptierte Kinder, kranke Väter oder Mütter gekümmert haben. Der Dank des Staates dafür ist in vielen Fällen, dass die Betroffenen finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen oder schlimmsten Falls der Bezug von Hartz-4, da sich das Pflegen von Angehörigen schwierig mit dem Arbeitsmarkt und seinen Anforderungen vereinbaren lässt – manchmal auch gar nicht. Das ist ein Umstand, der aufhören muss. Care-Arbeit ist Arbeit, die staatlich anerkannt werden sollte mit einem Fürsorgegehalt mit allein Sozialleistungen.
Mahatma Gandhi hat einmal gesagt:
„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“
Einen ersten Schritt auf dem Weg zur Veränderung habe ich mit der Onlinepetition gemacht. Es wäre großartig, wenn sich noch viele Unterstützer finden würden für meine Onlinepetition, damit ALLE, die Care-Arbeit leisten, sichtbar werden und wir damit eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung herbeiführen. Alle, die ich nicht genannt habe hier in meinem Artikel, die Care-Arbeit leisten, sind natürlich dennoch mit gemeint!
Wir haben bis heute 231 Unterschriften gesammelt. Mein Ziel sind 10.000 Unterschriften – gerne auch mehr.
Gesellschaftliche Veränderung – JETZT ! Mit Deiner Unterschrift in der Onlinepetition auf WeAct für ein Fürsorgegehalt mit allen Sozialleistungen.
Ich habe ein bisschen über dieses Thema nachgedacht, seit ich deinen Artikel gelesen habe. Ich habe bisher nicht unterzeichnet, weil für mich einige Fragen offen sind – und da dachte ich, ich stelle sie dir einfach mal:
Wie hoch soll so ein Fürsorgegehalt sein?
Bekommt jeder gleich viel, egal ob er arbeitet, oder nicht?
Wenn diejenigen, die nicht arbeiten mehr bekommen, ist es dann nicht eine Art Betreuungsgeld?
Und gelten dann nicht auch die Argumente gegen das Betreuungsgeld, wäre es also nicht eine Art „Herdprämie“, die Frauen eher aus dem Arbeitsmarkt drängt?
Wenn aber alle gleich viel bekommen, wäre es dann nicht sehr, sehr teuer?
Wir also bezahlen wir das?
Ich muss sagen, ich stimme dir im Grundsatz zu, dass Pflege und Betreuung Arbeit ist. Ich bin mir nur nicht sicher, ob diese Arbeit wirklich auch für alle bezahlt werden kann. Und durch wen. Ich wäre derzeit gefühlt eher für bessere Hilfen für Alleinerziehende, als so ein Fürsorgegehalt direkt allen zu geben…
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Liebe Anna,
herzlichen Dank für Deine Fragen. Das ist gut, denn dann muss ich mein „Gehirn“ bewegen, solche Fragen stellen sich andere bestimmt auch und so habe ich darüber nachgedacht und folgende Antworten parat:
Wie hoch soll so ein Fürsorgegehalt sein?
So weit habe ich noch nicht darüber nachgedacht, eine Richtgröße könnte der Hartz-4-Satz sein, jedoch mit der Einschränkung, dass Kindergeld, Elterngeld, Witwenrente oder Kindesunterhalt (und andere Leistungen) nicht angerechnet werden.
Bekommt jeder gleich viel, egal ob er arbeitet, oder nicht?
Ja, jeder bekommt gleich viel Fürsorgegehalt, denn wir arbeiten ja, in dem wir Kinder erziehen, Angehörige pflegen (ein Heimplatz kostet viel mehr als ein Angehöriger bekommt von der Pflegekasse, wenn er pflegt), kranke Kinder pflegen und erziehen. Die Mütter, Väter oder Angehörigen, die arbeiten gehen, haben das Fürsorgegehalt eben oben drauf.
Es stellt einfach ein Problem dar, dass Kindererziehung als nebenbei bewältigbar dargestellt wird. Unsere soziale Sicherung dauert genau ein Jahr, so lange nämlich, bekommen wir Arbeitslosengeld 1, wovon man mit Einschränkungen noch einigermaßen leben kann. Auf das Arbeitslosengeld wird KEIN Kindesunterhalt und auch kein Kindergeld angerechnet. Auf Hartz-4 wird jedoch sehr wohl das Kindergeld und der Kindesunterhalt angerechnet. Wer Hartz-4 bekommt ist arm (ich arbeite seit 2008 mit Langzeitarbeitslosen)!
Mütter und Väter, die ihre Kinder erziehen sind ja vom Arbeitsort her nicht mehr so flexibel. Ich habe als ich noch keine Mutter war in Nürnberg, Stuttgart und Baden-Baden gearbeitet. Mit meinen Kindern würde ich aber nicht mehr einfach so einem Job hinterher ziehen. Es kann nicht sein, dass eine Mutter oder ein Vater, der keine Arbeit findet aus was für Gründen auch immer Hartz-4 beziehen muss. Es gibt so viele Petitionen gegen Kinderarmut, alle sind gegen Kinderarmut, das ist gut so. Nur, wenn die Eltern nicht arm sind, sind die Kinder auch nicht arm und das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein.
Wenn diejenigen, die nicht arbeiten mehr bekommen, ist es dann nicht eine Art Betreuungsgeld? Und gelten dann nicht auch die Argumente gegen das Betreuungsgeld, wäre es also nicht eine Art „Herdprämie“, die Frauen eher aus dem Arbeitsmarkt drängt?
Das Betreuungsgeld war ja an die Tatsache geknüpft, dass die Kinder unbedingt zu Hause betreut werden sollten. Ich war total gegen das Betreuungsgeld. Ich hätte das Betreuungsgeld gut gebrauchen können, mein kleiner Sohn ist aber schon sehr früh in die Kinderkrippe gegangen, da ich ja auf Jobsuche war. Ich kann nicht eine Arbeit suchen und keine Kinderbetreuung haben. Das Fürsorgegehalt soll die Leistung, die in der Kindererziehung gebracht wird entlohnen und sozial absichern und natürlich sollen Kinder in den Kindergarten oder in die Kinderkrippe gehen. Frauen werden nicht aus dem Arbeitsmarkt gedrängt mit dem Fürsorgehalt, sondern sie werden entlohnt für ihre Erziehungsarbeit und wenn sie wollen, können sie natürlich noch arbeiten gehen.
Wenn aber alle gleich viel bekommen, wäre es dann nicht sehr, sehr teuer?
Wir also bezahlen wir das?
Die Einwände mit dem Geld habe ich früher auch gehabt. Jedoch, schau mal, wie viel Geld der Staat für unnütze Dinge ausgibt, nachzulesen im Schwarzbuch der Steuerverschwendungen, dass jedes Jahr neu herauskommt. Da gehen alle unsere Steuergelder dahin. Wenn wir so viele Steuern verschwenden können, können wir bestimmt, das wichtigste das wir haben, unsere Kinder, fördern, in dem Eltern wieder Zeit haben für die Kinderbetreuung. Ich habe 30 Stunden gearbeitet und musste reduzieren auf 25 Stunden, weil ich es mit meinem kleinen Sohn und meinen großen schulpflichtigen Sohn alleinerziehend einfach nicht anders geschafft habe. Die Rechnung bezahle aber nur ich, denn es werden weniger Rentenbeiträge abgeführt und ich habe weniger Geld und das darf nicht sein. Und da geht es mir noch gut, weil ich Unterhalt bekomme, wenn ich diesen nicht hätte, dann wäre ich auch Aufstockerin beim Jobcenter, obwohl ich arbeite und ja noch Kinder erziehe.
Konnte ich Dich überzeugen? Es wäre so wichtig, dass Kindererziehung als Arbeit anerkannt werden würde, denn dann würde die ganze Vereinbarkeitsdebatte aufhören und Kinder und Familie wieder in den Fokus von Gesellschaft und Politik rücken. Gesellschaftliche Veränderung – JETZT! Vielleicht auch mit Deiner Unterschrift?
Herzlichst, Claire
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Liebe Claire,
vielen Dank für deine Erklärungen!
Ich finde fast alle überzeugend. Insbesondere was die Anerkennung von Kindererziehung und die gesellschaftliche Relevanz angeht. Nur mit der Sache mit der Finanzierung tue ich mich schwer.
Natürlich hast du auch recht, dass viel zu viele Steuern verschwendet werden und dass man das Geld für die Kinder verwenden sollte. Aber: es gibt keinen Etat für Steuerverschwendungen, den man einfach umplanen kann. Steuerverschwendungen entstehen meist aus regulären Etats, ursprünglich vielleicht gar nicht mal so schlechten Ideen und sinnvollen Projekten, die einfach nicht durchdacht und/oder schlecht umgesetzt sind. Da fallen mir auf Anhieb mehrere Beispiele für ein, da kann ich gern näher drauf eingehen. Aber im Kern geht es darum: Menschliche Fehler sind meistens die Ursache, die kann man aber nie „ausmerzen“. Auch Entscheider in Politik und Verwaltung sind Menschen und machen Fehler. Ich will damit sagen: man kann nicht planen, keine Steuern zu verschwenden, weil man im Vorfeld nicht weiß, wo diese Fehler passieren und damit Steuerverschwendungen entstehen.
Das heißt, wenn man gefragt wird, wie man eine politische Forderung finanzieren will, dann kann man meiner Meinung nach nicht sagen: indem keine Steuern verschwendet werden. Sondern man muss konkret sagen, wo man das Geld einsparen bzw. man Steuern erhöhen will. Das ist umso wichtiger, je höher die Kosten sind.
Ich habe gerade auf Anhieb keine aktuelleren Zahlen gefunden, aber allein das Kindergeld hat im Jahr 2015 35 Milliarden Euro ausgegeben.
Die Summen für das Fürsorgegehalt müssten ja deutlich darüber liegen. Da reicht es nicht, ein paar Euro irgendwo zu sparen, sondern man müsste deutlich sagen „wir erhöhen die Steuern für alle um 3%“ oder so ähnlich.
Das ist für mich einfach essentiell zu wissen, bevor ich einer Forderunh zustimmen kann: wie hoch wären die Kosten? Und wie finanziert man das?
Hast du schonmal versucht, dein Anliegen in einer Partei zu diskutieren? Ich würde vermuten, da sind Mitstreiter zu finden und auch Menschen, die sich mit Fragen der Finanzierbarkeit auskennen…
Liebe Grüße,
Anna
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Liebe Anna,
ich verstehe Dein Bedürfnis danach, dass alles an meiner Forderung zum Fürsorgegehalt Hand und Fuß hat. Damit einher geht natürlich auch die Finanzierbarkeit.
In meiner Onlinepetitiong geht es mir aber nicht darum, ein fest stehendes Konzept Wirklichkeit werden zu lassen. Es geht darum, einen Traum zu haben und dafür Mitstreiter zu suchen. Ich bin mir ganz sicher, dass es dann auch Möglichkeiten der Finanzierung gibt. Unser Staat supventioniert so viele Branchen (z.B. Abwrackprämie 2009), da gibt es sicherlich Ressourcen, Familien, egal in welcher Form, so zu stärken, dass man nicht mehr arm ist, wenn man Kinder erzieht, pflegt, oder andere Angehörige pflegt.
Es geht hier darum etwas ganz neues einzuführen und damit Familien zu stärken, sowie pflegende Angehörige. Care-Arbeit ist Arbeit, die unbedingt als solche anerkannt werden muss von Gesellschaft und Politik.
Ich habe tatsächlich jemanden aus der SPD gefunden, der meinen Ansatz gut findet und ihn auch unterstützt. Alles weitere wird die Zukunft bringen. Es bleibt spannend! 🙂
Herzliche Grüße, Claire
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OK, das verstehe ich!
Dann wünsche ich dir viel Erfolg bei der Umsetzung deines Traums!
Schön, dass du jemanden bei der SPD gefunden hast! Ich halte nämlich ziemlich viel von Politikern (keine Ironie, die haben wirklich meinen Respekt, eben weil die meisten von ihnen sich dafür einsetzen, Ihren Traum einer besseren Gesellschaft zu verwirklichen) – und glaube, bei der SPD bist du genau richtig…
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Herzlichen Dank, Anna.
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Man muss sich auch fragen wie viel es kostet, dass Eltern und pflegende Angehörige durch die Doppelbelastung von nichtbezahlter Care-Arbeit und Erwerbsarbeit dauerhaft krank werden. Für somatische ärztliche Behandlungen, Psychotherapien und Kuren sowohl für Eltern als auch die Kinder entstehen immens hohe Kosten. Und auch für den Kitaausbau ist immer Geld da. Ich hätte mein Kind gern für das Geld, dass der Kitaplatz die Gesellschaft gekostet hat, selbst betreut und hätte mir Jahre des Schlafmangels und der Überforderung gespart und wäre dann, wenn mein Kind älter ist, langsam wieder in den Beruf eingestiegen. Es ist Geld da. Das ist meine Meinung. Aber leider immer nur für die falschen Dinge. Wir Mütter haben keine frei Wahl. Wir sollen arbeiten und zwar so früh wie möglich. Ungeachtet der teilweise fatalen Folgen für Familien.
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Leider ist das so, dass Frauen heute noch weniger die Wahl haben als früher. Früher sollten Frauen „hinter den Herd“, da gab es keine Wahlmöglichkeit. Heute sollen Frauen „hinter den Herd“ und Vollzeitarbeiten. Care-Arbeit muss sichtbar werden, denn sie ist die Grundlage unserer Gesellschaft.
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Ich sehe das genauso.
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